Vorgeschlagene Bankenabgabe macht Sinn wg. Internalisierung externer Effekte

by Dirk Elsner on 29. März 2010

Die von der Regierungskoalition beabsichtigte Bankenabgabe soll in dieser Woche vom Bundeskabinett abgesegnet werden und sorgt weiter für Gesprächsstoff. Mit dieser Abgabe sollen die Finanzinstitute abhängig von ihrer Bilanzsumme, Risikostruktur der Geschäfte und der internationalen Vernetzung in einen von der SoFFin verwalteten Sonderfonds einzahlen, der in welcher Form auch immer künftig für die Bankenrettung zur Verfügung steht.

Bei einer Schieflage sollen, so zitiert das Handelsblatt aus einem Eckpunktepapier, „systemrelevante Teile einer Bank auf einen privaten Dritten oder auf eine staatliche „Brückenbank“ (Bridge Bank)“ übertragen werden können. Die restlichen Teile könnten dann liquidiert werden. Auch soll eine Großbank bei drohender Pleite mit einem neuen „Reorganisationsverfahren“ rasch saniert werden können – unter Einbeziehung der Anteilseigner.

Die konkrete Ausgestaltung ist natürlich noch nicht bekannt, jedoch bewegt sich der Bund mit diesem Vorschlag in eine Richtung, die der Blick Log bereits im Oktober 2008 in dem Beitrag Aufräumarbeiten für eine neue Finanzordnung favorisiert hat, nämlich der Berücksichtigung der durch Banken verursachten externen Effekte.

Die Geschäfte der Finanzinstitute haben derzeit Auswirkungen auf unbeteiligte Marktteilnehmer. Sie werden nämlich mindestens indirekt belastet durch die implizite Rettungsgarantie des Staates für Banken und übrigens auch für Einlagen (davon profitieren freilich auch die Sparbuchkunden). In der Ökonomie werden solche Auswirkungen als externe Effekte bezeichnet. Sie werden häufig nicht im Entscheidungskalkül der Verursacher berücksichtigt. Extern heißt dabei, dass die Effekte (Nebenwirkungen) eines Verhaltens nicht (ausreichend) etwa in die Preisbildung einbezogen werden (mehr dazu in diesem Beitrag). Ein Geschädigter erhält keine Entschädigung und ein Nutznießer muss keine Gegenleistung entrichten, ohne sich zwangsweise dessen bewusst sein zu müssen.

Daher macht es Sinn, eine geplante Abgabe nicht als populistische Strafsteuer zu gestalten, sondern als eine Art Versicherungsprämie, deren Höhe von den wie auch immer berechneten Risiken und damit auch externen Effekten abhängt. Diesen Ansatz forderten übrigens im letzten Jahres drei Autoren in einem ausgezeichneten Beitrag für die Neuen Zürcher Zeitung. Ihre Kernpunkte sind im Beitrag “Banken für “Finanzverschmutzung” zahlen lassen” zusammengefasst.

Der aktuelle Vorschlag zielt in diese Richtung, die nach meiner Ansicht deutlich besser ist, als die große Zahl vieler weiterer diskutierter Maßnahmen (Übersicht in der Mindmap zur neuen Finanzordnung) zu finden ist. Vom Prinzip her ist der Vorschlag einfacher und marktgerechter, als andere diskutierte Regulierungsmaßnahmen, deren Auswirkungen bislang schwer zu beurteilen sind. Schlüssig ist auch die angedachte Verknüpfung mit einem neuen Insolvenzrecht, mit dem künftig angeschlagene Banken abgewickelt werden sollen, ohne das Finanzsystem zu gefährden.

Sinnvoll könnte es außerdem sein, die derzeit angedachten Maßnahmen, die unter den Stichworten Basel III und CRD 4 sich derzeit in der Abstimmung befinden, so zu anzupassen (idealerweise zu entschlacken), dass sie als Bemessungsgrundlage verwendet werden können. Andere Maßnahmen, wie das in den USA diskutierte Handelsverbot für Einlageninstitute, könnten verworfen werden. Institute mit einem ausgeprägten Eigenhandel zahlen eine höhere Risikoprämie. Das von Frank Wiebe im Handelsblatt vorgetragene Moral Hazard Argument ist Unsinn. Er glaubt, der Fonds lade erst richtig zum Zocken ein. Dann wäre jede Versicherung Unsinn. Er kommt halt hier auf die richtige Gestaltung an. Richtig wäre es außerdem, gleich das System der Einlagensicherung in diesen Ansatz zu integrieren.

Gleichwohl wirft der Vorschlag, wie übrigens auch alle anderen Ansätze, erhebliche Umsetzungsprobleme auf. So stellt sich wie immer die Frage, wie die jeweiligen Geschäftsrisiken und dadurch die potentielle Haftung möglichst gerecht zu bewerten und zu kontrollieren sind. Der Teufel im Detail wird wohl wieder eine neue Bürokratiewelle über Banken und Aufsichtsgremien zurollen lassen. Daher wäre die Entschlackung der Regulierung an anderen Stellen notwendig.

Darüber hinaus sorgen die international vollkommen unterschiedlichen Konzepte für weitere Verwirrung. Im Zweifel kreiert jedes Land eine eigene Abgabe, die unterschiedliche Kalkulationen und Auswertungen erfordern (Übersicht im Handelsblatt: G20 streitet über Abgabe für Banken, paid content). Aufgrund der Internationalisierung der Geschäfte ist aber unklar, ob und in welchem Umfang Finanzinstitute außerhalb ihrer Heimatländer ebenfalls zahlen müssen. Im Sinne des hier vertretenen Ansatzes der Internalisierung externer Effekte sollten Institute jeweils in dem Land zahlen, dessen Fonds auch für eine Rettung einstehen.

Von einer Verteufelung des Finanzsektors, wie das ein Kommentar in der Welt vermutet hat, kann bei diesem Vorschlag übrigens keine Rede sein. Wenig hilfreich sind auch Kommentierungen, die von einer Abgabe für „Zockerbanken“ (Wiwo) sprechen. Die aufgebürdete Milliardenlasten sind allein schon deswegen gerechtfertigt, weil ohne die bisherige Bestandsgarantien des Bundes, viele Banken gar nicht mehr existieren würden.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken Manfred Weber unterstützte übrigens in einem Interview mit dem Deutschlandfunk die Initiative und sagte, mit dieser Abgabe könne man zukünftige Krisen besser bewältigen. Die Sparkassen sind nicht zufrieden, weil sie sich zu unrecht für die Folgen der Finanzkrise “bestraft” sehen. Ich denke die Sparkassen sollten hier einmal die Ausgestaltung abwarten, denn wenn sich die Höhe der Abgabe tatsächlich nach dem Gefährdungsgrad richtet, dürfte sich die Belastung für Sparkassen in Grenzen halten. Außerdem ist es ein Mythos, dass keine Sparkasse durch die Finanzkrise in Probleme geraten ist.

Nachtrag

Spon berichtete heute über die Belastung der Banken durch die Abgabe für den sogenannten Rettungsfonds: 1,18 Mrd € pro Jahr. Bevor sich eine Bank beklagt, sollte mal jemand den Vorteil für die Finanzbranche in Form niedrigerer Kreditsicherungsprämien ausrechnen.

Eric Schreyer März 30, 2010 um 12:28 Uhr

Bei dieser Diskussion darf man nicht aus den Augen verlieren, dass externe Effekte vor allen Dingen BEGRENZT werden müssen. Politiker würden Mut beweisen, wenn sie das System der Landesbanken weiter entschlacken. Landesbanken sind in mancher Hinsicht ein Politikinstrument von Landesregierungen, das mitunter verantwortungslos eingesetzt wird (s. beispielsweise BayernLB). Für das Funktionieren des deutschen Finanzmarktes sind derartige Geschäftsmodelle nicht nötig. Zwei Landesbanken als Girozentralen der Sparkassen sollten ausreichen, momentan sind es neun.

dels März 29, 2010 um 09:36 Uhr

@egghat. Ich bin mir angesichts des Gesamtkunstwerkes der neuen Finanzordnung (siehe dazu Mindmap) nicht sicher, was eigentlich noch richtig ist und was nicht. Ich kann auch niemanden erkennen, der das glaubhaft erläutern kann.
Tatsächlich liegt das Risiko in dem neuen Fonds in der Ausgestaltung. Hier liegt aber noch gar kein Vorschlag vor. Soll die Grundlage das Risiko sein, dann muss man die Höhe der Abgabe im Prinzip auf Basis eines Stresstestes bestimmen. Hier allerdings etwas hinzubekommen, was auch einen fairen Vergleich der Institute ermöglicht, halte ich operativ für sehr schwer, zumal dies ja auch unabhängig kontrollierbar sein müsste.
Bis denn
dels

egghat März 29, 2010 um 08:58 Uhr

I beg to differ.

Die Aufgabe muss sein, die nächste Pleite zu vermeiden (mehr Eigenkapital) und die nächste Pleite zu ermöglichen (Insolvenzordnung, too big to fail-Banken zerschlagen). Im Nachhinein die Banken abzukassieren, ist zwar eine „gerechte“ Strafe, die sicherlich auch vertretbar ist. ABER es ist die unwichtigste Maßnahme, die erstens populistisch ist und zweitens Aktivität vortäuscht, aber drittens nichts bewirkt. Ich habe allerdings die große Befürchtung, dass wir die Bankenabgabe bekommen, den sinnvollen Rest aber nicht. Die Banken, die schon vorher Too-Big-To-Fail waren, sind es jetzt erst recht (JP Morgan, Merrill Lynch, Dresdner, Washington Mutual sind alle in anderen Banken (die ebenfalls schon zu groß waren) aufgegangen) und die Eigenkapitalrichtlinien nach Basel2 wurden nach hinten verschoben. (Und von solchen Details wie den aufgeweichten Buchhaltungsvorschriften, mit denen lustig Verluste versteckt werden, will ich mal gar nicht reden.)

Außerdem hat die Bankenabgabe ein ganz großes Problem: Wer bewertet bitte, was risikoreich ist? Einfach nur 0,x% auf die Bilanzsumme abzuführen, ist ja ziemlich idiotisch. Sobald ich risikogewichte, habe ich wieder das Problem, dass ein AAA-Rating nicht unbedingt auch bedeutet, dass AAA drin streckt …

Comments on this entry are closed.

{ 3 trackbacks }

Previous post:

Next post: