Bad Bank und toxische Wertpapiere: Kritische Fragen an die Banken

by Dirk Elsner on 12. Februar 2009

Gestern und vorgestern habe ich mich bereits heftig aufgeregt über die Reaktion der Marktteilnehmer auf den US-Rettungsplan. Ich will jetzt nicht noch einmal meinen Standpunkt ausrollen, behaupte aber weiterhin, weder Banken noch Investoren haben das Konzept der US-Administration wirklich verstanden oder verstehen wollen. Das gleiche gilt auch für Kommentare, wie den von Rolf Benders im Handelsblatt.

Was mich aber an der Reaktion der Medien stört: Es wird vergleichsweise unkritisch das Geplapper einiger “Experten” übernommen, ohne dies kritisch zu hinterfragen. So mag der Analyst der Commerzbank, Bernd Weidensteiner, zwar ein fähiger Mann sein, aber seine Aussagen sind nichts wert. Es wären vielmehr kritische Fragen in Richtung der Banken zu den toxischen Assets angebracht. Hier gibt es nämlich erheblichen (Er-)Klärungsbedarf.  Ich formuliere daher mal ein paar Fragen, die mich dringend interessieren würden, um etwas Licht in die “Bewertungsdebatte” zu bringen.

Frage 1: Welche Vorstellung haben die Banken vom Verfahren zum Rückkauf und vor allem zur Wertfindung für die toxischen Papiere?

Kritisiert wird am US-Konzept, es sei hier nicht klar, wie die Werte ermittelt würden.  Die Banken müssten also eine Vorstellung vom Wert bzw. dem Verfahren zur Wertermittlung haben. Dies führt unmittelbar zur zweiten Frage.

Frage 2: Welchen Wertansatz würden die Banken wählen für den Rückkauf der toxischen Papiere?

Mit den toxischen Papieren sind ja ABS bzw. ihre Schwester- und Tochterpapiere (bzw. Zweckgesellschaften) gemeint, in denen verschiedenste Ursprungsforderungen verbrieft sind (Beispiel für die Konstruktion hier).

Warum diese Frage so wichtig ist zeigt der Fall von Bewertungsdifferenzen eines mit Immobilien abgesicherten Bonds. Zwei Autoren nennen dazu in der New York Times ein Beispiel für ein MBS-Papier. Dieses mit Immobilienkrediten besicherte Asset Backed Security wird von der Bank, der es gehört, intern mit 97% bewertet, was vermutlich zu hoch ist. Standard & Poor schätzt das Papier auf 87% basierend auf den gegenwärtigen Ausfallraten. Es könnte auf bis zu 57% heruntergestuft werden, wenn sich die Rahmenbedingungen weiter verdüstern und sich die Ausfallquoten verdoppeln.  Interessant aber, dass dieses Papier am Markt für 38% gehandelt wird. Dieses Beispiel ist deswegen so wichtig, weil Banken in diesem Fall das Papier zu 38% in ihrer Bilanz ansetzten müssen, wenn sie das Papier im Handelsbestand halten und keine Bewertungserleichterungen in Anspruch nehmen.

Die Banken könnten an einem Beispiel erklären, welche Bewertung sie für einen Übertrag an eine Bad Bank für richtig halten.

Frage 3: Wie hoch sind aktuell die Zahlungsausfälle aus ABS, die im Depot der Banken gehalten werden?

Aktuell wird fast ausschließlich über die Bilanz- bzw. Marktwerte der toxischen Papiere gesprochen. Eine wirkliche Störung liegt aber erst dann vor, wenn die aus solchen Papieren versprochenen Zahlungsströme der nächsten Jahre aus Zins- und Tilgungsleistungen (bzw. Versicherungsleistungen, wenn Forderungen gegen Ausfall versichert sind) gestört sind. Das sind die unten rot eingekreisten Zahlungsströme an Investoren bzw. Banken. Wie hoch sind diese Zahlungsausfälle eigentlich in etwa bzw. wie hoch werden diese erwartet?

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Frage 4: Wie hoch sind die Ausfallquoten der Ursprungsforderungen?

Den Papieren liegen ja bekanntlich Ursprungsforderungen zugrunde, wie z.B. Hypotheken, Kreditkarten, Studentendarlehen, gewerbliche Immobilienkredite etc. Diese sind unten rot eingekreist. Verfolgt man die öffentliche Diskussion, dann entsteht der Eindruck, mehr als 50% dieser Forderungen würden ausfallen. Dies ist aber faktisch nicht richtig, wie ich versucht habe in einem anderen Beitrag darzulegen.  Faktisch konnte ich in diesem Beitrag aber nur aufgrund bestimmter Daten Vermutungen anstellen, weil ich die genauen Informationen über die Ausfälle nicht habe.

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Literaturhinweise

Stephan Jortzik, Synthetische Collateralized debt obligations Bewertung und Kreditrisikomessung (pdf)

Thomas Heidorn, Lars König:  Investitionen in Collateralized Debt Obligations (Google Books Ausschnitte)

Und noch mehr Medienmeldungen zum Thema

HB: Merkel sträubt sich weiter gegen Bad Bank

Börsennotizbuch: Geithners Bailout: Fehlende Details, viele Fragen

FAZ: Verärgerung über Geithners Rettungsplan

Big Picture: Media Misreads Bailout Plan Reaction

Zeit: USA: Wie will Obama die Banken retten?

HB: Finanzkrise: Geithners Hilflosigkeit

HB: Rettungspläne alarmieren die Börsen

FAZ: Tauwetter an den Kreditmärkten

Weissgarnix: Can’t happen here!

SZ: US-Rettungspaket: Nichtwissen macht Angst

NZZ: Geithner schockiert mit unsicherem Auftritt

WSJ: Geithner Faces More Criticism From Congress

CWD: Quote of the day: Did Tim Geithner blow it?

NYT: Geithner Is Pressed for Bailout Details

Weisgarnix: Notopfer Wall Street

FTD: Die Finanzmarkt-Trümmerfrauen

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