Merkel vergibt Höchststrafe für Stars der Managerelite: Nichtbeachtung

by Dirk Elsner on 5. Mai 2009

Selbst der Kanzlerin scheint mittlerweile der Kragen zu platzen angesichts des Verhaltens einer ratlosen Managerelite. Und diesmal hat sie eine Strafe gefunden, die so manche einem Elitekopf mehr schmerzen könnte als die bisherige öffentliche Kritik: Die Nichtbeachtung der Manager in einem Fotoband, das die Kanzlerin mit allen möglichen bekannten und unbekannten Personen zeigt.  “Nur eine Gruppe fehlt in dem bunten Bilderreigen der Macht: die Manager”, schreibt das Handelsblatt

Zur Kritik am Verhalten der Managementelite ist weiter zu lesen:

“Mit großem Missfallen nimmt die Kanzlerin beispielsweise zur Kenntnis, dass vor allem in der Bankenwelt „kaum selbstkritische Töne in Bezug auf die Krise zu hören sind“, wie ein Regierungsberater moniert. Dafür „steigen in den Chefetagen schon wieder Selbstgerechtigkeit und Empfindlichkeit.“

Und es wird nun auch offiziell das beklagt, was schon seit Monaten von vielen Stellen wirkungslos kritisiert wird:

“Über die Verursacher und Verantwortlichen der Krise werde in der Wirtschaft am liebsten geschwiegen, heißt es bedauernd im Kanzleramt. Stille herrsche leider auch, wenn eine Antwort auf die Frage gesucht werde, wie man aus dem Konjunkturtal wieder herausfinden könne. Dafür würden manche Manager umso redseliger, wenn es darum gehe, Politiker zu kritisieren oder Anträge auf Staatshilfen zu begründen.”

“Und damit auch jeder versteht, wem ihre Worte ganz besonders gelten, mahnte Merkel explizit die Mithilfe der Wirtschaft bei der Krisenbewältigung an: „Ich erwarte von niemandem eine öffentliche Selbstkasteiung, aber ich erwarte 15, 20 oder meinethalben 50 Schlussfolgerungen und Selbstverpflichtungen auch aus dem wirtschaftlichen Bereich“, betonte die Kanzlerin.”

Zur weiteren Kommentierung kann ich jetzt den Blick Log aus dem Januar zitieren:

Weite Teile der „Wirtschaftselite” geben in diesen Wochen ein tristes Bild ab, meist sogar kein Bild, denn die Kapitäne der Wirtschaft schweigen, zumindest die überwiegende Mehrheit der Verantwortlichen deutscher Großunternehmen. Immerhin haben einige ihr Schweigen aufgegeben und zetern öffentlich wegen der Kreditklemme oder fordern von der Regierung Konjunkturprogramme oder andere Stützungsmaßnahmen. Aber wie packen sie selbst die Probleme an?

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Manager daran gewöhnt, mit den Folgen von Fehlentscheidungen nicht ernsthaft konfrontiert zu werden. Nun sind sie überrascht, wenn nachgefragt wird, wie all das geschehen konnte und was jetzt getan wird. Und die „Führungselite” ist nicht nur überrascht, sondern mehrheitlich sprachlos. Sie wissen Bescheid über Abfindungsklauseln und Dienstwagen, aber eine Inspiration, wie die Krise zu bewältigen ist, fehlt bzw. ist nicht wahrnehmbar. Kaum jemand spricht über Visionen oder gar Chancen, die diese Krise bieten könnte. Was Verantwortung ist, hat die Funktionselite vergessen oder vielleicht nie gewusst, weil man es lange nicht wissen musste.

Bevor sich hier jemand über die pauschale Managerschelte freut: Natürlich gibt es eine große Mehrheit fleißig arbeitender und gerade jetzt vor Energie pulsierender Manager und Führungskräfte, die genau wie ihre Mitarbeiter versuchen, ihre Unternehmen durch die raue See zu steuern. Sie sitzen nicht an den öffentlichkeitswirksamen Schaltstellen der Top-Unternehmen und ließen sich früher nicht in PR-Artikeln der Wirtschaftspresse feiern oder zogen durch Talkshows. Sie wirken in ihren jeweiligen Unternehmen oder anderen Verantwortungskreisen, die außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung liegen. Sie gehen ungeachtet von Gehältern und Bonuszahlungen hohe Risiken ein und leisten intellektuell viel mehr als die medialen Alphatiere in öffentlichkeitswirksamen Positionen.

Die Talkshowelite der Wirtschaft scheint dagegen weiter schockgefroren zu sein. Verwöhnt durch Jahre des Aufschwungs versagen ihnen dauerhaft die Stimmen. Dieter Rulff schrieb dazu schon vor einigen Monaten:

“Dieses kommunikative Versagen der Wirtschaftselite ist umso eklatanter, als sie noch vor Jahren als Leitfiguren einer sich globalisierenden Gesellschaft gefeiert wurde. Der unternehmerische Einzelne war der Phänotyp des aufbrechenden Jahrtausends. Ein Schumpeterscher Held der schöpferischen Zerstörung. Er ließ die Intellektuellen, die zuvor über drei Jahrzehnte das diskursive Feld der Republik dominiert hatten, schmalbrüstig aussehen. Schon damals hätte auffallen können, dass diese Elite gesichtslos ist und sich ihre schöpferische Zerstörung vornehmlich gegen den Staat richtet – den sie nun zur Hilfe rufen.”

Weitere Berichte zur Managerkritik

SZ: Merkel geißelt Selbstgerechtigkeit der Manager

HB: Merkel nimmt Wirtschaft in die Pflicht

Welt: BDI-Chef Keitel fordert von Politikern mehr Anstand

Focus: Ackermann: „Für ihn zählt die Akzeptanz der Eliten

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