Seltene Lektüre: Manager kritisieren Manager

by Dirk Elsner on 24. Juni 2009

Ende Mai wunderte sich der Blick Log mit der Republik über einen Protestbrief von “zwölf namhaften Aufsichtsratsvorsitzende großer deutscher Unternehmen”, die darin von der Bundesregierung den Verzicht auf die Verschärfung bestimmter Regeln für Manager verlangen. Darin jammerten die Manager über das mittlerweile verabschiedete Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung.

Persönlich halte ich das Gesetz für einen populistisch motivierten Schnellschuss, der eher die Konzeptlosigkeit der Politik im Umgang mit Ursachen und Folgen der Finanz-, Wirtschafts- und Managementkrise zeigt. Die “Protestaktion” der 12 Manager war jedoch mindestens genauso fehlplatziert. Zu einer vorsichtigen Kritik an der eigenen Zunft konnten sich nunmehr auch zwei “Elder Statesmen” des deutschen Managements aufraffen.

Im Handelsblatt war unter dem Titel: “Konzernchefs waren zu unsolidarisch” zu lesen: 

"Prominente Mitglieder von Corporate Germany haben es vorgezogen, eigene Wege zu gehen", sagte Breuer. Müller hatte zuvor schon den Protestbrief führender Aufsichtsräte an die Bundeskanzlerin kritisiert.

In der FAZ war am Samstag zu der Kritik von Klaus Peter Müller und Rolf Breuer zu lesen:

“Deutliche Kritik äußerte der Aufsichtsratsvorsitzende der Commerzbank hingegen an zwölf Amtskollegen, die sich in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die maßgeblichen Fraktionsvorsitzenden gegen das nun verabschiedete Gesetz gewandt hatten. Dies sei ein „Mangel an solidarischem kollektivem Auftreten“, machte er deutlich. Einst sei man zwar sehr glücklich gewesen über das Auflösen der „Deutschland AG“. Aber es sei zu bedauern, dass damit auch die gemeinsame Wahrnehmung von Interessen eingebüßt worden sei.

Noch deutlicher wurde Rolf-Ernst Breuer, der frühere Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank; er sprach von einem „total kontraproduktiven Schritt“ der zwölf Briefschreiber. „Corporate Germany hat die Kommission nicht als geeignetes Instrument erkannt, das die Initiative hätte ergreifen müssen.“

Breuer hat bereits von einigen Wochen die Kompetenz vieler Aufsichtsräte angezweifelt. Dazu war auf Spiegel Online zu lesen:

“Glaubt man Rolf Breuer, verstehen viele Bankaufsichtsräte in so mancher Sitzung nur Bahnhof. Nicht, weil sie schlecht informiert wurden: Pünktlich zu jedem Quartalsende werde das ganze Zahlenmaterial "über einem ausgeschüttet", erklärt der ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratschef der Deutschen Bank . Dazwischen sende die Pressestelle den Mitgliedern eifrig Post. "Um sie angeblich informiert zu halten". Doch schon mit den vielen Abkürzungen seien viele Nicht-Insider überfordert. "Da legt man das schnell weg", sagt Breuer trocken.

Es sind ernüchternde Einblicke, die der 71-Jährige am Donnerstag auf einer Veranstaltung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zur Corporate Governance über den Alltag der Kontrolleure bei Banken gibt. So berichtet Breuer von seinem "Aha-Erlebnis". Nämlich als er erkannt habe, dass sich der ganze Aufsichtsrat bei unklarer Sachlage oft schlicht nach der Meinung zweier Leitfiguren richtete. Einem Kollegen mit viel Fachwissen – und ihm selbst. Eine solche Dominanz des Vorsitzenden "darf nicht sein", sagt Breuer. Später spricht er von der "Gefahr des Lemmingverhaltens". Die Missstände in den Gremien seien auch daran Schuld, dass viele deutsche Banken von der Finanzkrise in den Abgrund gerissen wurden, moniert der Banker. Die Aufseher hätten die heraufziehende Gefahr einfach nicht erkannt, weil sie nicht verstanden, "was sich da eigentlich tut".

Weitere Berichte zur Kritik an Vergütungspraxise, Aufsichtsräten und zur Motivation von Führungskräften

Blick Log: Wenn der Bonus zu hoch ist, dann sinkt die Leistung (19.6.09)

HB: Manager an der kurzen Leine (15.5.09)

HB: Managergehälter: gute Ansätze, zu kurze Reichweite (14.5.09)

Blick Log: Gehalt, Motivation und unvollständige Verträge (18.4.09)

HB: Aufsichtsräte nur bedingt tauglich (15.4.09)

Blick Log: AIG-Bonus und die falsche Motivation von Top-Leuten (19.3.09)

HB: Gute Aufsichtsräte sind schwer zu finden (9.3.09)

HB: Außenansicht: Wir brauchen kritische Aufsichtsräte (3.3.09)

Blick Log: Studie: “Vorstände großer Aktiengesellschaften werden nicht nach Effizienzkriterien vergütet” (28.2.09)

HB: Steigende Festgehälter erfreuen Manager

Blick Log: Bonusdebatte runterkochen und über Managermotivation nachdenken (17.2.09)

HB: Vergütung der Aufsichtsräte trotzt der Krise

Joss Juni 24, 2009 um 02:49 Uhr

Wie ich so manches bemerkt und miterlebt habe (ich bin bis zum Vorjahr ziemlich
viel zwischen den USA und Kanada sowie Irland gependelt):
da gab es ja eine Menge Leute die Aktien hielten letztes Jahr, u.a. auch die „financials“,
Bankaktien.
Fuer manche kam gerade noch rechtzeitig das Buch von Richard Bitner:
Greed, Fraud & Ignorance auf den Markt (es war wohl Maerz O8), jedenfalls vor dem
grossen Absturz der Bankaktien.
Hier ein Link zu einer Rezension in einer Zeitung (wegen den Leserkommentaren
vielleicht interessant; es nichts besonderes, gerade mal zum nachtraeglichen reinsehen):
http://mortgage.freedomblogging.com/2008/04/07/greed-fraud-and-ignorance-in-subprime/
und das ist hier Richard Bitner’s Seite (das erste Kapitel kann man frei runterladen):
http://www.lendingsanity.com/

Manche kannten Peter Schiff, der ja oefter mal im Fernsehen war, und manche
nahmen ihn irgendwie ernst. Weil ja auch er von „lending standards“ sprach
(Schiff hatte sogar weit davor vor mortage brokern richtig die Probleme aufgezeigt,
regelrecht spektakulaer im nachhinein), hier ein Video von ihm:
http://www.youtube.com/watch?v=2I0QN-FYkpw

Manche schafften es aus der Kombination von beiden gerade noch im letzten
Augenblick ihre Bankaktien und andere zu verkaufen. Anderen war nichts
beizubringen, die waren voll dem Wunschdenken ergeben, wollten einfach nicht
glauben das da was komisch war an den lending standards, die ja ein sehr wesentliches
Detail darstellten.
Und wieder andere hatten ueberhaupt gleich die ihnen eingeredeten Feindbilder
brav uebernommen. Leute, die man gar nicht ansprechen konnte, sich auf gar
keine Diskussion einlassen konnte, die waren sofort ziemlich aggressiv.
Fuehlten sich von Diagnosen und Warnungen angegriffen. Voellig irre Typen,
voellig beeinflusst vom „undercurrent“ der oft irren Leserkommentare, die sichtlich
von Betruegern stammten die ein entsprechendes Interesse hatten alle zu
veridiotisieren die ihnen nicht zustimmen bzw. andere davon abhalten wollten.

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