Es geht ja doch: Banken wollen Verbriefungsmarkt fördern als Teillösung für die Finanzierungsklemme

by Dirk Elsner on 22. Juli 2009

Die Klagen der Unternehmen über die Finanzierungsklemme werden immer lauter und schriller. Die Industrie sieht gar die Konjunkturerholung gefährdet. Immerhin, es bewegt sich nun endlich etwas in der Bankbranche. Die rhetorische Schockstarre der Banken im Finanzierungsgeschäft scheint sich zu lösen, wie das Handelsblatt berichtete. Erfreulich ist, dass die Institute dazu einen Vorschlag aufgreifen, den der Blick Log bereits vor drei Monaten als möglichen Weg gewürdigt hat. Die Väter sind der Präsident des Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, Anton F. Börner und Dr. Hartmut Bechtold, Geschäftsführer der True Sale International. Sie wiesen bereits damals im Handelsblatt auf den dringenden Bedarf nach Finanzierungsalternativen für den Mittelstand hin.

Nun schließen sich offenbar weitere Institute dem damaligen Vorschlag an, der eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes mit staatlicher Förderung vorsieht. Dabei soll der Bund für einen Teil der Ausfallrisiken garantieren, um internationale Investoren als Käufer solcher Forderungspakete zu gewinnen. Im Prinzip basiert der Vorschlag darauf, Finanzierungen für den Mittelstand in Asset Backed Securitys zu verpacken und ähnlich wie das US-Programm zur Platzierung “toxischer” Papiere zu platzieren.

Über weitere Vor- und Nachteile schreibt das Handelsblatt:

“Die Verbriefung von Forderungen und ihre Platzierung an den Kapitalmärkten entlastet das Eigenkapital der Banken und schafft Platz für neue Kredite. Allerdings ist das Instrument vor allem bei Politikern und Aufsichtsbehörden in die Kritik geraten, weil durch diese Technik die Finanzkrise vor rund zwei Jahren ausgelöst worden ist. In den USA waren Immobilienkredite im Übermaß an private Haushalte mit schlechter Bonität vergeben worden. Die Risiken wurden in strukturierten Produkten gemischt, von den Ratingagenturen mit Bestnoten versehen und weltweit in die Depots institutioneller Investoren platziert. Nach dem Zusammenbruch des amerikanischen Häusermarktes wurden auch diese Verbriefungsprodukte nahezu wertlos.”

Für den Vorschlag setzt sich nun auch Christian Brand, Präsident des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands, ein. Brand sagte dem Handelsblatt u.a.: „Es ist auf jeden Fall besser, wenn der Mittelstand über Verbriefungen direkt profitiert, als weitere Liquidität in die Banken zu schleusen.“So könnten auch die größenbedingten Nachteile des Mittelstands aufgehoben werden, da mittelständische Firmen nicht so einfach Unternehmensanleihen begeben könnten, wie es derzeit die großen Konzerne vormachen.

Natürlich kann der Vorschlag falsche Signale setzen, weil er Anreize schafft, die Zitronen aus den Kreditportfolios in verbriefte Anleihen zu transferieren. Ich sehe aber nicht, dass hier neue Müllhalden entstehen (wie z.B. der Hohenheimer Banken-Professor Hans Burghof gegenüber dem Spiegel). Über entsprechende Lösungsansätze hatte der Blick Log bereits im Januar und März geschrieben, so dass ich mir hier eine Vertiefung erspare.

Und in der Tat ist dieser Vorschlag deutlich besser geeignet, einen Teil der Finanzierungsprobleme zu lösen als der Vorschlag eines Zwangseinstiegs des Staates bei den Banken oder aber die direkte Kreditvergabe durch die KfW. In der derzeitigen Kritik der Kreditvergabepraxis liegt ohnehin ein Problem, das Nicole Bastian im Handelsblatt schlank auf den Punkt bringt:

“Ist es nicht ein Widerspruch, die Bankenbranche – zurecht – für ihr mangelndes Risikobewusstsein vor Ausbruch der Finanzkrise zu kritisieren und sie dann zu einer höheren Kreditvergabe in Zeiten zu zwingen, wo die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Darlehens drastisch steigt?”

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) begrüßt ebenfalls die Anstrengungen, den Verbriefungsmarkt wiederzubeleben. Diese Einsicht kommt allerdings etwas spät, denn der Bedarf ist seit vielen Monaten klar und wird täglich akuter (siehe hier die Übersicht der Berichte zur Finanzierungsklemme).

Eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes hatte jüngst auch Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft in seiner Kolumne für das Handelsblatt gefordert.

“Der Spielraum der Banken zur Kreditvergabe ließe sich steigern, wenn die im Zuge der Krise in Verruf geratene Verbriefung durch solide und transparente Nutzung rehabilitiert würde. Mit der True-Sale-Initiative steht dafür eine Plattform zur Verfügung. Doch was immer wir versuchen, vom Bankensektor wird kein Impuls für die Konjunkturerholung ausgehen. Die Hoffnung bleibt, dass die Belastung sich in Grenzen hält.”

Der Fachblog RMRG ergänzt diesen Vorschlag:

“Um das Vertrauen der Investoren in diesem Markt wieder zu stärken, schlagen Experten seit längerem vor, dass die Originatoren der Verbriefungen künftig wieder einen Teil des Risikos tragen und die entsprechenden Produkte einfacher gestaltet werden. Beispielhaft erscheint hier die jüngste Verbriefung der Kreditrisiken von rund 25.000 deutschen Wohnungsbaukrediten durch die Postbank. Das Institut nutzte für die Ausplatzierung die “Provide”-Plattform der KfW Bankengruppe. Dabei beteiligte sich die Postbank am Verlustrisiko mit einem Selbstbehalt und agierte somit schon konform zur neuen EU-Eigenkapitalrichtlinie (CRD), die einen Risiko-Selbsbehalt von 5 Prozent vorsieht. Postbank und KfW bezeichneten die Transaktion als einen “Test” des darniederliegenden Marktes.

Als praktisches Beispiel für die transparentere Gestaltung dieser Forderungsveräußerungen haben Helmut Gründl und Thomas Post von der Humboldt-Universität in Berlin einen innovativen Lösungsansatz für hypothekenbesicherte Verbriefungen (Mortgage-Backed-Securitization / MBS) entworfen. In einem bereits Ende März veröffentlichten Diskussionspapier schlagen sie ein System von “Fingerabdrücken” für Verbriefungen vor, über welches sichtbar bleibt, welchen Ursprung ebendiese haben. Im Mittelpunkt ihrer Überlegungen steht dabei die Einrichtung eines so genannten “Global Mortgage Data Center”. Darüber sollen sowohl Informationen zu den zugrundeliegenden Hypotheken als auch Daten zur entsprechenden Verbriefung zugänglich gemacht werden.”

Wie auch immer die konkrete Ausgestaltung erfolgt, jetzt darf man gespannt sein, ob tatsächlich und in welcher Geschwindigkeit den Worten Taten folgen. Und freilich ändern diese Vorschläge nichts daran, dass viele Unternehmen weiterhin am Mangel von Risikokapital leiden (siehe dazu z.B.  “Hier ein Musterfall der Finanzkrise”). Es ist unglaublich, dass dies noch nicht breiter diskutiert wird.

Daher können die vorgenannten Vorschläge nur Teillösungen gegen die Finanzierungsklemme sein. Es bleibt weiter dringend notwendig, sich auch um Eigenkapitallösungen zu kümmern (siehe dazu “Eigenkapitalfinanzierung 2.0: Wie man Unternehmen mit Risikokapital fördern kann”). Diese Rekapitalisierungen müssen aber ebenfalls aus der Privatwirtschaft kommen und können allenfalls staatlich flankiert werden.

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